Der Schlaf der Geige
Von und mit: Mareike Kemp und Willi Schmidt
Regie-Mitarbeit: Lea Hinrichs , Bühnenbild: Daniela Vogt
Poetisches Theaterstück gegen das Grauen der Menschenverachtung
Realisierung:
Benötigte Bühnengröße: ca. 3x5 m, Aufbau in jedem Raum auch ohne vorhandene technische Einrichtung möglich (z. B. Kirche, Schule o.ä.), Aufbauzeit: ca. 4-5 Stunden, eine technische Anlage kann von uns mitgebracht werden.
Verbunden mit der ca. 50-minütigen Aufführung ist eine Ausstellung zum Thema, die mitgebracht wird. Auf Wunsch können auch Gespräche mit den Mitwirkenden organisiert werden.
Kontakt: Willi Schmidt, Holzhäuser Str. 17, 35085 Ebsdorfergrund, Tel. 06424/929240, mail: post@grundblick.de
Dem Geschichte aus unserer Region behandelnden Stück wurde eine besondere
überregionale Auszeichnung zuteil: Am 27. Januar fand in Berlin, in
der Philharmonie, eine Gedenkfeier für die Opfer der
"Euthanasie"-Verbrechen im Nationalsozialismus statt. Organisiert wurde
die Veranstaltung vom Beauftragten der Bundesregierung für die Belange
behinderter Menschen.
Im Kulturrahmenprogramm wurden dazu - neben Texten über betroffene Opfer
- Auszüge des Theaterstücks "Schlaf der Geige" von Willi Schmidt und
Mareike Kemp durch Schauspieler des Berliner Theaters Rambazamba vorgetragen.
Das Stück:Holocaust. Schrecklich. Dürfen wir nie vergessen. Da stimmen alle zu.
Holocaust ist Auschwitz, Dachau, Buchenwald, Berlin, Nürnberg. Nah und
fern. Und doch vergessen wir. Denn Holocaust ist auch hier. Holocaust
ist Marburg, Ebsdorfergrund, Kirchhain. Menschen sind weg. Nachbarn sind
weg. Menschen, die vielleicht im selben Haus gewohnt haben, in dem wir
heute zuhause sind.
"Der Schlaf der Geige" erzählt die Geschichte von zwei dieser Menschen.
Weil sie anders waren -- er Epileptiker und sie psychisch krank --
wurden sie in die "Heilanstalt" Hadamar deportiert, zwangssterilisiert
und ermordet, wie 15.000 weitere "unwerte" Leben auch. Hannes,
Epileptiker, lebt in der Familie seines Bruders auf dem Dorf, wo er als
Hilfsgärtner arbeitet. Die Verwandten sorgen für ihn mit, bis er durch
die "Euthanasie" - Ideologie der Nationalsozialisten aus seiner Welt
herausgerissen wird. Maja ist die Tochter eines Intellektuellen und
leidet an einer Persönlichkeitsstörung. Seit ihrer Kindheit spielte sie
Geige, bis ihr dies verboten wurde. Sie lebt in einer Anstalt und ist
mittlerweile ebenso wie der Epileptiker für einen Transport in das
Vernichtungslager Hadamar vorgesehen. Als Theaterbild dient dazu ein
überdimensionales Grab, in dem die beiden Personen des Stückes
"gefangen" sind und aus dem heraus sie ihre Geschichte entwickeln,
welche sie schikksalhaft zusammenführt.
Pressestimmen
„Willi Schmidt und Mareike Kemp entwickelten daraus
während der Proben das einfühlsame, poetische Doppel- porträt zweier Menschen,
die zu ihrer Deportation in ihre Familie und ihr Dorf integriert und weitgehend
akzeptiert waren. Es ist ein leises, sehr dichtes Stück, dass von dem
intensiven, nuancenreichen Zusammenspiel der bei- den Darsteller lebt, von
Gesten und Blicken, die sich einprägen, weil sie sparsam und präzise ein-
gesetzt sind. Das völlige Fehlen von Pathos, die manchmal fast verspielte,
melancholisch getönte Leichtigkeit der Darstellung lassen das Thema um so
stärker wirken. Das Grauen steht zwischen den Zeilen und ist doch ständig
präsent ... „ Schlaf der Geige“ ist ein Stück, dass man instinktiv versteht und
dessen Ende in seiner gruseligen Eindeutigkeit regelmäßig eine Schweigeminute
beim Publikum hervorruft. Sehr traurig und sehr sehenswert.“
Grundblick August 2011
„Und da das Stück den Figuren nur wenige
Worte zugesteht, fällt die große handwerkliche Genauigkeit auf, mit der Schmidt und Kemp
agieren. Jeder Moment ist sorgsam ausgeführt und das Timing ist untadelig, was
die Wirkung auf den Betrachter intensiv macht: Die Zuschauer sind ausnahmslos
ganz bei der Sache, man merkt es. Doch bei aller Tragik des Stoffes spürt man
keine emotionale Schwere oder gar Belastung in dieser Aufführung, dazu ist sie
vielleicht einfach in den Momenten zu lebendig, in denen die Figuren an gute
Zeiten denken.“
Gießener Anzeiger 8.11.2011
„Durch Hannes und Maja bekommen die 70.000
ermordeten psychisch Kranken und Behinderten ein konkretes Gesicht und das
Thema rückt näher, weil es sich hier in nächster Umgebung ereigne hat. (...) Durch zum Teil
poetisch anmutende Monologe wie auch Dialoge lernen die Zuschauer die Personen in ihrer
liebenswerten Andersartigkeit auf dem Hintergrund ihrer Lebensgeschichte
kennen.“
Marburger Freitagszeitung 22.07.2011
„Poetisch und eindringlich ist dieses Stück,
das den Ermordeten des faschistischen Rassenwahns Gesicht und Stimme
gibt.[…]Vollkommen unaufgeregt bringen Schmidt und Kemp als Hannes und Maja das schwierige Thema
auf die Bühne. Besonders Schmidt zeigte am Premierenabend eine herausragende
Ausdruckskraft. Aber auch Kemp überzeugte als schizophrene Anstaltsinsassin.“
Marburg News 06.07.2011
„Ganz still war es in der Waggonhalle, als
nach einer knappen Stunde Theater das Licht ausging. Das Stück „Der Schlaf der Geige“, in
dem die Ermordung psychisch Kranker thematisiert
wird, hatte allen den Atem stocken lassen.“ (...) „Es sind zwei zarte
Geister, die wie aus dem Jenseits auftauchen und umeinander kreisen, sich
annähern und am ende eng umschlungen in eine andere Welt zu entschwinden
scheinen.“
Oberhessische Presse 08.07.2011
„Beeindruckend schon vor Beginn das Szenario
in der abgedunkelten Kirche: der Chorraum war 10 cm hoch mit steiniger Erde
bedeckt: vielleicht 10 qm groß diese „Bühnenbretter“, umgeben von einer weit
mehr als mannshohen Kulisse, die den Eindruck vermittelte, als spielen Kemp und
Schmidt in einem Grab - ihrem Grab.“
Gießener Allgemeine 8.11.2011
Ausstellung zum Thema
Mit Hilfe von Bildern, Dokumenten und Texten
wird auf großformatigen Schautafeln die Geschichte der „Euthanasie“ in Hessen
gezeigt. Dabei werden unter anderem die Ideologie hinter dem „Euthanasie“-Konzept der
Nationalsozialisten, deren politische Umsetzung im Dritten Reich, die besondere Geschichte der
Anstalt in Hadamar und exemplarisch die Schicksale der Opfer vorgestellt. Die ehemalige Landesheilanstalt Hadamar bei
Limburg wurde 1940 zur sogenannten Euthanasie-Anstalt. Sie war auch für das
Gebiet um Marburg zuständig. Zwischen 1941 und 1945 sind in Hadamar zirka 15.000 psychisch
kranke und geistig behinderte Menschen ermordet worden. Dies geschah zunächst in
einer eigenen Gaskammer und später durch gezielte Medikamentengabe. Heute ist die
Gedenkstätte Hadamar ein zentraler Ort des Gedenkens an die Opfer der tödlichen
Euthanasie-Politik der Nazis. Damit werden die realen Hintergründe und
Schicksale gezeigt, die Pate standen für das Theaterstück. Zusammengestellt
wurde die Ausstellung von der Mitarbeiterin der Waggonhalle, Siemke Hanßen.
Die Ausstellung ist Teil des Angebotes des
Theaterstückes.